Nun ist es wieder so weit. Die Tage
werden wieder kürzer. Gefühlt war es noch kein Sommer. Um ein par
trockenen Stunden zwischen den Regenschauern auszunutzen, bin ich
heute Morgen um 4,00 Uhr aufgestanden. Das Dach des Anbaus musste
saniert werden. Schweißbahnen kleben ist eine Arbeit, die ich nicht
mag. Ich kann die Hitze nicht ab. Nun bin ich fertig. Ich hoffe, das
dass Dach jetzt dicht ist. Da der Pflegedienst und meine Tochter bei
meiner Frau sind. Habe ich etwas Zeit für mich. Mit einem großen
Glas selbst gemachter Waldmeisterbrause setze ich mich auf meine Bank
am Ende meines Grundstücks. Von der Schufterei tun mir alle Knochen
weh. Früher habe ich so etwas locker weggesteckt. Sind wohl die
ersten Alterserscheinungen.
Auch muss ich seit einiger Zeit immer
öfter an früher denken. Daran, wie ich mich im Laufe der Jahre
verändert habe. Aber habe ich mich wirklich so viel verändert?
Sicher, ich sehe älter aus. In mir brannte damals ständig ein Feuer
und ich konnte mich für vieles begeistern. Ich glaube dieses Feuer
brennt auch heute noch in mir, mit dem einzigen Unterschied, das ich
heute viel besser mit dem Feuer umgehen kann. In der Beziehung habe
ich mich tatsächlich weiter entwickelt. Aus dem Kind, das früher
ständig von seiner Mutter misshandelt wurde, ist doch ein
selbstbewusster Mensch geworden. Die Schulzeit verlief so, wie die
meisten Kinder auf dem Land sie erlebt hat. Es gab Schichtunterricht.
Eine Woche hatte wir Vormittags Schulunterricht, die andere Woche
Nachmittags.
Erst die Lehrzeit hat mein
Selbstbewusstsein gestärkt. Mein Lehrherr hat damals gesagt: “Erst
wenn du den Amboss ums Schmiedefeuer tragen kannst, bist du Schmied“.
Nach ständigem Üben konnte ich es Anfang des zweiten Lehrjahres.
Aus mir wurde auch tatsächlich ein guter Schmied. Damals ahnte ich
noch nicht, das ich nach einigen Jahren wieder die Schulbank drücken
würde. Um Politik und Gesellschaftliches habe ich mich noch nicht
gekümmert. Mein Interesse begann, als ich nach der Berufsschule in
eine Demonstration gegen die NPD geriet. Mich hat gewundert, das die
Studenten alles anzweifelten, was meine Eltern mir als segensreiches
Leben dargestellt hatten. Ich begann daran zu zweifeln, das es genügt
sich satt zurück zu lehnen und zu meinen, das es uns noch nie so gut
ginge. Seit dem ging ich in Lokale, in denen in erster Linie
Studenten verkehrten. Ich habe so manche Nacht durch diskutiert.
Dann kam glaube ich etwas
entscheidendes. In der Musikbox lief ein Lied. Dort sang ein mir noch
völlig unbekannter Sänger. Bob Dylan. Er sang davon, das sich die
Zeit ändert. Ich will mal versuchen den Text etwas frei übersetzt
wieder zu geben:
Kommt zusammen Leute wo immer ihr seid.
Und gebt zu, das die Flut um eich her
gestiegen ist.
Und akzeptiert, das ihr bald bis auf
die Knochen nass sein werdet.
Wenn euch euer Leben etwas wert ist,
Fangt lieber an zu schwimmen oder ihr geht unter wie ein Stein.
Denn die Zeiten ändern sich.
Kommt Senatoren und Abgeordnete, Bitte
beachtet den Aufruf.
Versperrt nicht den Eingang, blockiert
nicht den Eingang.
Denn wer sich entgegenstellt wird
verletzt.
Draußen tobt eine Schlacht in rasender
Wut,
Bald wird sie an euren Fenstern rütteln
und eure Wände erschüttern.
Denn die Zeiten ändern sich.
Kommt Mütter und Väter im ganzen
Land.
Und kritisiert nicht, was ihr sowieso
nicht verstehen könnt.
Eure Söhne und eure Töchter, stehen
nicht unter eurem Kommando.
Euer ausgelatschter Weg verfällt
bereits.
Verschwindet von dem Neuen, wenn ihr
schon nicht mitarbeiten könnt.
Denn die Zeiten ändern sich.
Der Mann und seine Liedtexte haben mich
so beeindruckt, das ich selbst das Gitarre spielen erlernte, und
meine politische Heimat links ist. Bis zum heutigen Tag. Ich bin ein
unverbesserlicher linker Humanist.
Das Wetter wird immer besser und so
beschließe ich, noch eine kleine Tur mit dem Motorrad zu machen. Mal
wieder richtig den Kopf frei blasen lassen. Meine kleine Freiheit.
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.
Spankingträume
