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jadzia

Klingonische Hummel

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21

Sonntag, 15. März 2009, 13:58

Zitat

Original von Michael8

Sicher gibt es ethische Probleme, wie immer bei solchen Grenzfällen der Biologie. Bei einer Organspendeverfügung bestimmt das Subjekt über seine eigene Verwertung, willigt in seine Objektwerdung ein. Was ist aber, wenn die Verwandten eine solche "Objektivierung" als Eingriff in IHRE subjektiven Persönlichkeitsrechte ansehen?



Ich habe schon jetzt mit Frechdachs darüber gesprochen das ich einen Organspenderausweis habe und das ich möchte (wenn es denn dann möglich ist) das meine Organe weiterverwendet werden.
Ich denke das mit den Angehörigen reden in dem Fall das wichtigste ist, das sie nicht erst wenn es so weit ist mitbekommen das es einen Spenderausweis gibt.
Sondern das sie sich schon vorher damit auseinander setzten können.
Freunde sind die Familie die man sich aussucht

dare_or_not

unregistriert

22

Sonntag, 15. März 2009, 15:14

Ich bin warhscheinlich der Einzige hier, der Menschen, die (oder deren Angehörige) einer Organspende zugestimmt haben auf ihrem letzten Weg begleitet haben, die gesehen haben wie ein Herz aufhört zu schlagen, und die das Beatmungsgerät abgeschaltet haben, während das Entnahmeteam noch am operieren ist (wenn das Herz entnommen ist - kein Kreislauf mehr - das letzte ist die Lunge)

Ich bin wahrscheinlich der einzige hier, der mit Angehörigen am Bett stand, die diese schwere Entscheidung getroffen haben- und ich bin der einzige, der mit Angehörigen die letzten Stunden vor dem Tod eines geliebten Menschen erlebt hat - egal ob nun mit oder ohne Orgenentnahme.

Ich bin der einzige, der die Entscheidungsfindung Angehöriger und die Aufklärungsgespräche durch Ärzte nicht nur einmal sonden vielfach erlebt hat.

Prädestiniert mich dies etwas zum Thema zu sagen?

Ja und Nein.

Nichts zu sagen habe ich zur Entscheidung das Einzelnen - ich kann jede Entscheidung aktezptieren - eine Ablehnung führt bei mir im konkreten Fall nicht zur Ablehnung der Angehörigen - eine Zustimmung ebensowenig. Belastend empfinde ich die Situtation in vielen Familien in denen nie über das Thema gesprochen wurde - und jetzt innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes möglichst im Sinne des Sterbenden entschieden werden muss. Ich habe Familien daran leiden sehen, dass sie es nicht wussten, wie ihr geliebter Mensch darüber denkt - und das zu einem Zeitpunkt, in dem der Partner, Vater, Sohn und Bruder dabei war zu gehen, mitten aus dem Leben. Diese eine Familie hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht - sie haben sich für eine Organentnahme mit Ausnahme des Herzens entschieden - die Entscheidung wird selbstverständlich respektiert. Andere Familien, so die Eltern eins 19jährigen haben sich dagegen entschieden, denn sie sagten es sei Zeit, dass ihr Sohn nachhause kommt - komplett. Auch diese Entscheidung ist selbstverständlich respektiert worden. Ich habe mit dem Vater des Nachts ein langes Gespräch geführt - wir kamen uns auf einer menschlichen Ebene sehr nah. Beides waren für mich wichtige Erfahrungen die ich nicht missen möchte.

Wozu habe ich nun etwas zu sagen?
Ich habe etwas zu sagen zur Wortwahl des "Ausschlachtens", zu Unterstellung es würde auf Teufel komm raus am Leben erhalten, es würde den Angehörigen Hoffnung gemacht um an Organe zu kommen.
Es verletzt mich, weil ich mit diesen Menschen, die in diesem Bereich gewissenhaft und mit viel Engagement arbeiten, tagtäglich zusammenarbeite. Es verletzt mich, weil ich die Gesichter meiner Kollegen sehe, die Sterbende betreuen, egal ob diese nun als Organspender vom medizinischen Gesichtspunkt her in Frage kommen oder nicht. Es verunglimpft die Arbeit derer, die sich immer wieder viel Zeit nehmen um sich mit Angehörigen auseinanderzusetzten - zu erklären und nochmal zu erklären - Zeit zu geben und Entscheidungen abzuwarten und dann zu respektieren.

Aber ich verstehe auch, dass diese Wortwahl aus der Unwissenheit spricht, aus dem Halbwissen, das durch die Medien und die Gesellschaft kreist. Das ist kein Vorwurf - das THema ist wohl zu komplex um es als Wissen vorauszusetzten.

Ein paar Fakten:

Wer am Unfallort stirbt wird KEIN potentieller ORgenspender.
Bei wem noch Hoffnung besteht - wird KEIN potentieller Orgenaspender.

Potentieller Organspender kann nur werden wer:

Keine (absolut keine!) Gehirnfunktion mehr hat, damit dies überhaupt festgestellt werden kann muss dieser Patient schon künstlich beatmet sein, denn ohne Atmung (Atmung ist eine durchs Gehrin gesteuerte Funkrion) stirbt der Körper wenige Minuten in Folge.
Als Organspender kommt nur in Betracht, wer mit einer Schädigung des Gehirns, die nicht mit dem Leben vereinbar ist UND dem Ausfall ALLER Funktionen des Gehirns beatmet auf einer Intensivstation liegt.
Damit der völlige Ausfall der Gehirnfunktionen überhaupt diagnostiziert werden kann, dürfen keinerlei Medikamente die eine Auswirkung auf das Gehirn mehr haben im Körper mehr vorhanden sein. Dies heißt unter Umständen, dass bei einem Motoradfahrer, der vom Notarzt Intubiert und beatmet wurde es bis zu 4 Tage dauern kann, die die Medikamente den Körper wieder verlassen haben. Vorher dürfen keine Organe entnommen, ja noch nicht einmal die Feststellung des Hirntodes in Angriff genommen werden.
Hirntoddiagnostik wird überhaupt NUR dann gemacht, wenn man aufgrund anderer Parameter davon ausgeht, dass das GEhirn keine Funktion mehr hat. Der Aufwand den Körper zu pflegen und Kreislauf und Biochemie aufrecht zu erhalten in dieser langen Zeit ist ein immenser Aufwand, da ohne Steuerzentrale Gehirn alles dazu tendiert aus dem Ruder zu laufen. Für die Angehörigen ist dies eine immens belastende Zeit - denn die Haut ist warm, sein Herz schlägt und der Brustkorb hebt und senkt sich.
Haben sich Angehörige gegen eine Organentnahme entschieden, so wir in der Regel keine Hirntoddiagnostik betrieben. Es wird die Therapie nicht weiter gesteigert... also keine fiebersenkenden Mittel, keine Stabilisierung des Blutdrucks, keine Antibiotika... das STerben des Körpers erfolgt dann auf fast natürliche Weise.
Handelt es sich um einen jungen Patienten, mit gesundem Körper, so wie der 19jährige von dem ich schrieb, so wird die Hirntoddiagnostik in der Regel trotzdem nötig sein um ein Abschalten des Beatmungsgerätes möglich zu machen.... damit das vollständige Sterben nicht unnötig verzögert wird.

Insgesamt sind Patienten mit einem dissozieierten Hirntod (isolierter Tod des Gehirns) selten. Die Betreuung ist aufwändig und belastend. Wir bekommen immer enige Monate nach der Orgenentnahme einen Brief von der für uns zuständigen Zentrale in denen uns in anonymer WEise mitgeteilt wird wohin die Organe gingen: z.B. eine Niere an eine 28-jährige zweifache Mutter mit akutem Nierenversagen, an einen 56jährigen Familienvater etc etc. Wir erleben die ARbeit mit den Entnahmeteams und der Transplantationszentrale als sehr freundlich und wertschätzend uns, den Spendern und ihren Familien und den Empfängern gegenüber.

Es mag sein, dass mancher dies nicht lesen wollte, dass es ihm zu sehr ins Eingemachte ging - es ist ein schwieriges Thema sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzten - egal an welchem Punkt und in welcher Hinsicht.

Zur provokativen Aussage von Falke - lieber soll keiner meiner Organe bekommen als SO einer möchte ich lieber keine Stellung beziehen, denn damit ist wohl schon alles gesagt.

Eine Geschichte möchte ich zum Schluss noch anhängen, weil sie mich sehr berührt hat.

Wir bekamen einen Patienten mit über 70 Jahren, der mit einer schweren Hirnblutung keine Überlebenschance hat. Seine Atmung hatte noch nicht ausgesetzt, so dass er nicht beamtet wurde und wir mit seinem STerben innerhalb der nächsten 1-2 Tage rechneten. Von einer lebensverlängernden Therapie wurde abgesehen.
Die Angehörigen suchten das Gespräch mit dem zuständigen Oberarzt und fragten nach der Möglichkeit dass der Mann Organspender werden könne - er hätte dies so gewollt.
Man erklärte den Angehörigen, dass es dazu notwendig wäre ihren Liebsten zu beatmen und eine Menge Diagnostik zu machen - und auch, dass durch die Beatmung eine minimalste Chance - oder vielleicht besser Gefahr- bestünde, dass der Hirntod nicht eintritt und er als schwerst-Pfelgefall überlebt, was er auf keinen Fall wollte.
Die Familie zog sich zu Beratung zurück und ein paar Stunden später verkündeten sie: Ihr Angehöriger hätte gewollt, dass andere von seinen Organen profitieren- insebsondere sei es ihm wichtig gewesen, dass seine Nieren andern das Leben lebenswerter machen würde. Auf nähere Nachfrage kam heraus, dass es in der weiteren Familie einen Organempfänger gab, jemanden, dem die lebenslange Dialyse durch eine Nierentransplantation erspart wurde.
Man entschied sich den Mann zu beatmen. In den folgenden 36 Stunden wurde die Hirntoddiagnostig abgeschlossen und zwei altersgerechte Nieren konnten verpflanzt werden (es gibt ein old-to-old - Programm, diese NIeren gingen also auch an Menschen die nicht mehr ganz so jung sind).
Es war gut so wie es lief - für uns und für die Angehörigen.

Ich habe keinen Spenderausweis, denn ich weiß, dass dies am Unfallort keinen Unterschied macht - es ist Zeit genug meine Betreuungsverfügung zu lesen, in der auch meine ausdrückliche Zustimmung zur Organentnahme steht.

miri

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23

Sonntag, 15. März 2009, 15:39

dare or not, ich fühle mich von dir sehr missverstanden und auch ziemlich zu unrecht abgebügelt. mein wort des "ausschlachtens" war eingebettet in viele andere gedanken und bilder. unter anderem in das deutliche aussprechen von vertrauen in die verantwortliche medizin und auch das verständnis für die gefühlslage aller beteiligten. du hast natürlich einen besonders intensiven einblick, aber sprich nicht mit einem streich allen anderen einen ähnlichen ab.
Du bist ein Wunsch, den Gott sich selbst erfüllt hat. :sonne:

H.J. Eckstein

Pflästerle

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24

Sonntag, 15. März 2009, 16:11

@ dare or not:

Meine Aussage bezüglich der Kinder war kein Abbild desswen, was wirklich geschehen ist oder wir. es war nur eine reine Überlegung, was passiert, wenn man der Organverpflanzung eine zu hohe Priorität einräumt.
Wer an der Einsatzstelle tod ist und wer nicht, das entscheidet der anwesende Arzt. Wäre also in unserem kleinen Gedadnkenexperiment kein Problem, wenn man denjeniger einfach nicht für tot erklärt, sondern mit dem primären Therapieziel der absoluten Genesung (bei Kopfverletzungen, die eine Asystolie auslösen sehr unwahrscheinlich, aber warum auch nicht) in die Klinik fährt und dort dann leider feststellt, dass doch nichts mehr zu machen ist. dann haben wir wieder den Punkt den ich vorher angesprochen habe, dass man in diesem Fall den Eltern eine Hoffnung machen würde, die gar nicht begründet ist. Und das wüsste man in diesem Fall auch ganz konkret, dass der Patient nie wieder die Augen aufmacht. Aber genau mit diesem Therapieziel fährt man dann in die Klinik, um dann dort völlig übberascht festzustellen, dass es doch nicht so gut aussieht. Wie gesagt es geht hier nicht um den jetztigen aktuellen Zustand! Es ist meine Vermutung, wenn man diesem Thema zu hohen Stellenwert einräumt.

Folgendes ist aus der präsenten Realität:
Es gibt immer wieder Ärte (und das habe auch ich durch Kollegen aus wirklicherster Hand erfahren), die sich zu sehr in den Dienst der Medizin stellen. Sie wollen so viele Leben wie möglich retten und anderen Patienten eine bessere Lebensqualität ermöglichen - edle Motive. Allerdings war es durchaus schon der Fall, dass man Menschen mit der Hintergrund der Organspende länger am Leben ließ und den Angehörigen etwas von fantastischen Fortschritten erzählte, um diese vom Abschalten der Maschinen abzubringen. Einige Tage später war der Patient auf einmal nicht mehr zu retten und das Leben hier die absolute Höllenqual, die man so langsam aber sicher beenden müsste. Und ich sags ganz ehrlich: Das Risiko geh ich nicht ein, dass meine nächsten Angehörigen so verarscht werden - seien die Motive auch noch so gut.
Genauso weiß ich, dass Eltern von Kindern teilweise auf stärkste bedrängt wurden, ihr Kind zum Organspender zu machen. Mir ist ein Fall bekannt, als der Arzt den Eltern die Nachricht vom baldigen Tod des Kindes überbrachte gleich mit der Diskussion verband, dass Organspende ne gute Sache wäre und ob die Eltern das anderen Eltern wünschen, was sie gerade durchleben. Ob sie ihrem Kind gerne beim Sterben zusehen und ob sie das anderen Eltern auch antun möchten, wenn sie die Organspende verweigern. Die Motive der Ärzte seien so edel, wie sie wollen, aber das geht einfach mal gar nicht!
Und genau darin seh ich das Problem an der ganzen Organspende. Wenn sich manche Leute zu sehr darauf versteifen und andere Meinungen schon als Mord ausgelegt werden. (auch schon bei einer Schwester erlebt, die hintenrum Eltern als Mörder beschimpft hat, da sie einer Organentnahme nicht zustimmten)

Die nächste Sache:
Organhandel. Spätestens hier hört die gute Motivation und das Samariterhafte Verhalten nun endgültig auf. Hier gehts um Kohle und um nix anderes. Und dass dafür ab und an Menschen unnötig operiert werden oder sogar sterben ist auch nichts neues mehr. Und diese Organe nehmen dann sehr spannende Wege zu meist besser begüterten Menschen.

avenzia

unregistriert

25

Sonntag, 15. März 2009, 16:35

Ich stelle nicht in Abrede, dass es Organhandel und Organraub gibt, an vielen Orten auf der Welt.

In Deutschland ist allerdings bis dato kein einziger Fall bekannt.

Ich finde es nicht so toll, wenn die ewige Diskussion um Organspende die Großteils auf wilden Gerüchten basiert, immer wieder Menschen den Mut nimmt sich ernsthaft mit dem Thema auseinander zu setzen.

Ähnlich ist es ja mit dem Sterben bzw mit den Verstorbenen.
Was es da nicht alles für Horrormärchen gibt, die Angehörige davon abhalten ihren verstorbenen Lieben noch einmal anzusehen geht auf keine Kuhhaut.
Aber das ist ein anderes Thema.......

dare_or_not

unregistriert

26

Sonntag, 15. März 2009, 16:45

@miri

ich wollte dich nicht überfahren - ich habe nicht einmal dien Posting explizit gemeint - es war vielleicht nur die Masse dessen, was ich - unter Umständen selektiv gelesen habe. Entschuldige bitte.

----------------------------

Was die Organspende bei Kindern betrifft, so kann ich dort nichts darüber sagen, da ich damit noch nie zu tun hatte. Eine Todesnachricht zu überbringen und gleichzeitig über eine mögliche Organentnahme zu sprechen ist das Dilemma jedes dieser Gespräche. Eines geht nicht ohne das andere, wenn man denn Organentnahme ansprechen will und kann - was in den meisten Fällen eben nicht der Fall ist, weil die Prognose zwar tödlich ist aber nicht zu erwarten steht, dass dies mit einem Hirntod einhergeht. Und ja, Angehörige empfinden dies in der Mehrzahl als Zumutung. Wichtig ist da die weitere Begleitung während des Entscheidungsprozesses.

Ein Notarzt wird an der Unfallstelle niemals die Verdachtsdiagnose "Hirntod" stellen. Er hat weder die Möglichkeiten noch die Zeit dazu. Er wird einen - auch einen schädel-hirn-traumatisiereten Patienten der noch atmet intubieren. Die Diagnostik läuft erst in der Klinik - und ist auch dort erst möglich.

Ich kann natürlich nur für die Fälle sprechen, die ich selbst erlebt habe - und andere, die ich nur aus Schilderungen kenne nicht beurteilen.
Ich weiß, dass es Patienten gibt, bei denen es zunächst wenn auch kritisch so doch hoffnungsvoll aussieht - und die sich innerhalb von STunden massiv verschlechtern, durch eine Nachblutung im Gehirn zum Beispiel, die niemand verhindern kann. Ich habe noch nie erlebt, dass man Angehörigen Hoffnung gemacht hat in der Absicht und der Hoffnung einen Organspender zu bekommen. Ich sage nicht, dass dies nicht vorkommt, aber ich halte es für die absolute Ausnahme - zudem in Intensivbereich immer viele Personen involviert sind - man als quasi einen Konsens im multidisuziplinären Team für ein solches Vorgehen haben müsste, sonst kommt es irgendwann raus, weil irgendjemand die Belastung nicht mehr tragen kann. Ich denke ich hege die berechtigte Hoffnung, dass dies Ausnahmen sind - und vielmehr - und das mag hart klingen - dies auch ab und an eine Art der Verarbeitung durch die Angehörigen ist, dies so zu schildern, denn sie standen unter einem immensen Druck und einer hohen Verantwortung - nachdem sie zunächst glaubten alles werde gut. Angehörige klammern sich an Hoffnungsfunken und sollten sie noch so klein sein - selbst dann wenn ihnen vielfach gesagt wird, dass die Chancen klein sind. Ich verurteile und bewerte dies nicht, aber ich nehme es war. Einen sterbenden Angehörigen auf einer Intensivstation liegen zu haben ist ein Trauma - Abschiednehmen ist mit das schwerste im Leben. Jeder geht damit so um, wie er kann. Ich weiß aber eben auch, dass mir Angehörige erzählen, was der Arzt gesagt hat - und ich weiß, dass er das nicht so gesagt hat weil ich beim Gespräch dabei war und dass sie es zum Zeitpunkt des Hörens verstanden hatten und wiederholen konnten und einen TAg später ist nur übrig gebliebeen, was sie auch verarbeiten konnten. Es steht ihnen zu - sie haben das Recht auf ein neues Gespräch und noch eines und ein weiters. Manche Angehörige kommen noch mehrmals nach dem Tod das Patienten und fragen nach und haben immer noch nicht verstanden.

Nun arbeite ich selbst an einer Klinik, die nicht selbst transplantiert, also nie Kontakt mit den Empfängern hat (die übrigens nie von der Klinik sondern immer von Eurotransplant ausgesucht werden) - vielleicht ist der empfundene Druck in Kliniken, die selbst die leidenden auf Organe wartenden Patienten sehen größer, das kann ich nicht beurteilen.

Ein hirntoter Patient wird nicht am Leben bleiben, weder mit noch ohne Explantation. In DEutschland wird bei diagnostiziertem Hirntod die Beatmung abgestellt. Wenn ich nicht davon ausgehen würde, dass ein hirntoter Mensch keinerlei Empfindungen mehr hat - wenn ich nicht erlebt hätte in drei langen Nachtdiensten, wie die Seele den Körper schon verlassen hatte - dann könnte ich für mich selbst einer Explantation nicht zustimmen. Sollten Ärzte von Höllenqualen reden in diesem Fall, so komme dieselbe über sie. Das ist nicht nur fachlich falsch sondern auch unverantwortlich. Schwarze Schafe - siehe oben.

Die Patienten die als Wachkomapatienten beschrieben werden sind alle NICHT hirntod sondern haben erhaltene Restfunktionen des Gehirn. HIer sind immer mal wieder Fälle die vor Gericht landen und die Frage nach dem Beenden, bzw. nicht längerm verlängern von Leiden gestellt wird. Um hirntote Patienten geht es hier nicht - also auch nicht Patienten die zu Organspender werden könnten.

Ich möchte hier niemanden angreifen - ich kenne euch ja alle nicht - viel mehr spircht aus meinen Worten auch viel eigene Betroffenheit, viel eigenes Erleben und viel Hadern mit Angriffen denen ich im realen Leben mich schon ausgesetzt gefühlt habe. Deshalb bitte ich euch, die Informationen die für euch wichtig oder interessant sind herauszuziehen und davon auszugehen, dass ich niemandem weh tun will.

Eine gute Freundin sagt einmal über mich: Caution. Person tends to preventiv strike.

Ich arbeite daran - das letzte Posting war wohl mal wieder ein Beispiel dafür. Sorry.

27

Sonntag, 15. März 2009, 20:08

Zitat

Original von dare_or_not
Zur provokativen Aussage von Falke - lieber soll keiner meiner Organe bekommen als SO einer möchte ich lieber keine Stellung beziehen, denn damit ist wohl schon alles gesagt.


Ich weiß, es ist schwierig, Teile eines Postings zu zitieren, ohne einen Sachverhalt aus dem Zusammenhang zu reißen.

Aber ich hatte ja geschrieben, dass man es nicht an solchen Äußerungen festmachen soll.

Deine Ausführungen sind äußerst interessant, aufschlussreich und führen sicher zu mehr Aufklärung. Das ist gut so, wenn sich meine Haltung dadurch auch noch nicht geändert hat.

dare_or_not

unregistriert

28

Montag, 16. März 2009, 00:41

Aber klar Falke,

ich wollte auch niemanden mit Argumenten totschlagen - also das schon mal gar nicht in diesem Thread.

Mein Anliegen dabei ist es einmal aus dem eigenen Erleben zu erzählen und dabei ein wenig mehr Information zu schaffen.
Mich kränkt das Misstrauen, das immer wieder zu spüren ist in Gesprächen die ich hier und da mal zum Thema geführt habe. Das ist mein Problem.

Die persönliche Entscheidung eines Einzelnen für oder gegen Organspende kann ich immer respektieren. Lediglich mit manchen Argumenten tue ich mich ziemlich schwer.

Lupus Nox

unregistriert

29

Montag, 16. März 2009, 01:28

Ich habe einen Organspenderausweis und ich vertraue hier (obwohl Vertrauen mir generell schwer fällt) darauf, daß im Falle eines Falles die Ärzte meinen Hirntod richtig diagnostizieren mögen.
Und ich denke nicht, daß die Diagnose anders ausfallen wird, nur weil ich einen Spenderausweis habe.

Hier geht es mMn. über knallharte Fakten - nämlich über die Entscheidung über Leben und Tod.

Leben desjenigen, der ein Spenderorgan erhält, weil irgendjemand, den er nie kannte, dies vor seinem Tod verfügt hat.
Oder aber seinen Tod, weil kein Spender da war.

Und das ist etwas, bei dem mMn. eben nur harte Fakten zählen.

Wenn mein Hirntod irgendwann diagnostiziert werden sollte, kann mir zweierlei passieren:

- Die lebenserhaltenden Maschinen werden abgeschaltet, die durch sie aufrechterhaltenen Vialfunktionen erlöschen, ich werde beigesetzt und meine sterbliche Hülle inklusive all meiner Organe verwesen in meinem Grab.
- Oder ich werde maschinell noch etwas am Leben erhalten, bis das was ich nicht mehr brauche -meine Organe- einem anderen Menschen das Überleben ermöglichen können.

Für mich ist das einerlei - denn zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bin ich bereits tot.

Ich habe selbst 5 1/2 Wochen lang meinen eigenen Vater, den ich über alles geliebt habe, auf seinem letzten Weg - in einem ebenso aussichtslosen wie harten und verzweifelten Kampf gegen den Tod auf einer Intensivstation begleitet.

Ich war in jenen Stunden sofort bereit, eine meiner eigenen Nieren zu geben als ich hörte, daß er ein Nierenversagen hatte.

Und ich war ebenso bereit, einer Organentnahme nach seinem Tod zuzustimmen - um einem anderen Menschen, der überleben könnte, dieses Überleben zu ermöglichen.

Einem Menschen....
...hier einem Menschen, den ich über alles geliebt habe.

Heute wäre ich es bereit für einen anderen Menschen....
...ohne jegliche Wertung, ob er es "wert ist" oder dergleichen.

Denn ich maße mir nicht an, zu bewerten, wer leben darf und wer nicht.

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »Lupus Nox« (16. März 2009, 01:38)


miri

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30

Montag, 16. März 2009, 08:33

Zitat

Original von dare_or_not
@miri Entschuldige bitte.


gerne :) und in der sache gehen wir absolut d'accord.
Du bist ein Wunsch, den Gott sich selbst erfüllt hat. :sonne:

H.J. Eckstein

31

Samstag, 28. März 2009, 07:33

Ich spende Blut und für eventuelle Knochenmarkspenden für Transplantationen bin ich auch registriert und würde sofort spenden wenn meine Werte übereinstimmen mit den Werten des kranken Menschen.

Einen Organspendeausweis habe ich immer dabei. Sollte ich nicht mehr weiterleben können, so darf man mir alles entnehmen was noch brauchbar wäre.
Mit meinen Angehörigen habe ich darüber geredet. Die wissen wie ich das will und wissen dass ich eventuelle gesunde Körperteile nicht mit-beerdigen möchte.

Spankerfriend

unregistriert

32

Samstag, 28. März 2009, 08:07

Zitat

Ich bin warhscheinlich der Einzige hier, der Menschen, die (oder deren Angehörige) einer Organspende zugestimmt haben auf ihrem letzten Weg begleitet haben, die gesehen haben wie ein Herz aufhört zu schlagen, und die das Beatmungsgerät abgeschaltet haben, während das Entnahmeteam noch am operieren ist (wenn das Herz entnommen ist - kein Kreislauf mehr - das letzte ist die Lunge)


Bist du dir da sooo sicher?

jadzia

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33

Samstag, 28. März 2009, 11:19

Zitat

Original von ellen
Ich spende Blut und für eventuelle Knochenmarkspenden für Transplantationen bin ich auch registriert und würde sofort spenden wenn meine Werte übereinstimmen mit den Werten des kranken Menschen.



Wollte ich jetzt auch machen. Aber die wollen mich nicht weil ich zuviel wiege. :knatsch:
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